Herrschte am Vormittag noch Ratlosigkeit bei der DDR-Staatsführung und der Besatzungsmacht, griffen inzwischen die Sowjets an vielen Punkten der Republik durch. Auch in Jena. Dort konzentriert sich der Aufstand auf den Holzmarkt.
Ein Augenzeuge berichtete später im RIAS:
Es war gegen drei, wo sie mit den ersten Panzern anrollten. Richtung Holzmarkt, wo ja ziemlich das SED-Gebäude gerade gestürmt worden war und sämtliche Akten zum Fenster raus flogen.
Augenzeuge im RIAS
Sowjetpanzer in Jena. Auch die Schott-Werke werden inzwischen durch die Sowjets geschützt. Auf dem Holzmarkt sind 20.000 Menschen. Sie verteidigen sich mit bloßen Händen.
Die Bevölkerung stellte sich einfach vor die Panzer hin, so dass die Panzer stehen bleiben mussten. Bis ungefähr eine halbe Stunde später scheinbar die russischen Panzer den Befehl kriegten, wo sie noch verstärkt waren durch Infanterie und weitere Panzerzusammenziehung, vorzufahren und rücksichtslos in die Menge reinzufahren, dass sozusagen die Streikenden auseinanderkommen.
Augenzeuge im RIAS
In Görlitz läuft der Aufstand mittlerweile fast revolutionär geplant weiter. Auch hier werden Gefangene aus der Haftanstalt freigelassen, doch mit System, wie Ilse Richter berichtet. Sie erlebte den Aufstand als junge Frau und wohnt noch immer in Görlitz.
Das Gefängnis wurde von einem Rechtsanwalt bewacht. Also, das heißt, der ist da eingedrungen, hat die Papiere kontrolliert und hat alle politischen Gefangenen losgelassen. Und die wurden, weil sie ja nun auf der Straße standen, erstmal ins Hotel Stadt Dresden gebracht und da untergebracht.
Ilse Richter
Es gibt auch schon Verletzte zu dieser Zeit in Görlitz. Gunhilde Harnisch, damals Sekretärin im Krankenhaus, und ihre Freundin Ilse Richter unterhalten sich während des Reporterbesuches über Personen die dann in der Nacht noch die Stadt und die DDR verlassen mussten.
Der Oberarzt Frech, es wurde bekannt, dass er verhaftet werden sollte. Und der ist dann in der Nacht noch abgehauen nach West-Berlin.
Ja, und zwar, der hat… Es wurde ein junger Mann zu ihm gebracht, in die KIinik, und zwar natürlich von aufgebrachten Leuten, und die hatten ihn verprügelt, so verprügelt, dass er ärztlich versorgt werden musste. Und daraufhin musste das der Dr. Frech machen. Und der hat zu ihm gesagt: ‚Eigentlich gehörst du jetzt erst richtig verprügelt. Und ich muss dich hier zusammenflicken.
Gunhilde Harnisch, Sekretärin im Krankenhaus, und ihre Freundin Ilse Richter
Der Patient war übrigens ein SED-Parteifunktionär.