Die Aufstände in der DDR fanden nicht nur in den Groß- und Industriestädten statt. Auch in vielen Dörfern und Kleinstädten gingen die Menschen auf die Straße. Beispiel: Weißenfels.
Hans Peeck ist 17. Er kommt am frühen Nachmittag gerade aus der Berufsschule und muss an der Polizeistation im alten Weißenfelser Kloster vorbei.
Und da waren schon sehr tumultartige Szenen. – Ja, da muss ich jetzt ein bisschen Luft holen dabei, weil dann auch Erinnerungen und alles wieder da sind.
Hans Peeck, damals Berufsschüler
Dieser Tag wird ihn ein Leben lang belasten. Bis heute. Hans Peeck sieht, wie ein LKW mit Polizisten herankommt. Er sieht, wie man vergeblich versucht, in die Wache einzudringen. Und dann schließt er sich den Aufständischen an. Man will gemeinsam mit anderen Gruppen zum Markt vordringen, um da zu demonstrieren. Insgesamt sind in Weißenfels 5.000 Menschen auf den Beinen.
Von der unteren Saalstraße kamen die großen Männer von der Kettenschmiede. So richtige Hünen mit ihren Schürzen. Und das hat uns natürlich beflügelt, auch ein paar Leute dabei zu haben, die etwas körperlich auch darstellten.
Hans Peeck, damals Berufsschüler
Weiter geht es Richtung Markt.
Und dann kamen wie aus heiterem Himmel sowjetische Soldaten uns gegenüber, mit aufgepflanzten Bajonetten. Und das hat uns alle – mich besonders – in eine Starre versetzt, die für mich heute noch nicht aufgelöst ist.
Hans Peeck, damals Berufsschüler
Hans Peeck wird die DDR später kurzzeitig verlassen, dann zu seiner Mutter zurückkehren, um verhaftet zu werden. Eineinhalb Jahre Zuchthaus und dann die endgültige Flucht in den Westen.
Auch in Görlitz, wo der Aufstand sehr weit vorangeschritten war, muss die Bevölkerung Rückschläge hinnehmen. Georg Harnisch war damals 29, sechzig Jahre später erinnert er sich.
Alle Betriebsgewerkschaftsvorsitzenden wurden in das Rathaus eingeladen, um mit ihnen Rücksprache zu halten. Auf einmal gingen die Türen zu und alle die dort waren, wurden verhaftet. Wir hatten einen BGL-Vorsitzenden, der hatte politisch keine große Meinung, aber er war BGL-Vorsitzender. Und das war schon sehr verdächtig, dass er eben das Vertrauen der Werktätigen hatte. Er hat auch mehrere Jahre in Bautzen zugebracht.
Georg Harnisch
Bautzen – das Symbol für zahlreiche Jahre schrecklicher Haft. Viele aus Görlitz kommen so ungewollt in die Nachbarstadt.